Algorithmus
"Ein Algorithmus ist eine detaillierte und explizite Vorschrift zur schrittweisen Lösung eines Problems durch eine Abfolge bekannter Befehle/Operationen."
aus: Grumm/Sommer: Einführung in die Informatik
Man kann einen Algorithmus mit einer Gebrauchsanleitung vergleichen: Es wird versucht, ein (mathematisches) Problem durch präzise Anweisungen theoretisch auf einem Computer zu lösen. Dabei wird Pseudocode, also eine vereinfachte und verkürzte Programmiersprache, verwendet.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Forderungen an einem Algorithmus
- 1.1 A1: Relation
- 1.2 A2: Elementaroperationen
- 1.3 A3: Abfolge
- 1.4 A4: Beschreibung endlicher Länge
- 1.5 A5: Speicherplatz
- 1.6 A6: Terminierung
- 1.7 A7: Begrenzte Schrittanzahl
- 1.8 A8: Determiniertheit
- 1.9 A9: Determinismus
- 1.10 A10: Allgemeinheit
- 1.11 A11: Änderbarkeit
- 1.12 A12: Effiezenz
- 1.13 A13: Robustheit
- 2 Verständlichkeit eines Algorithmus
- 3 Vom Algorithmus zum Programm
- 4 Die bekanntesten Programmparadigmen
Forderungen an einem Algorithmus
In der Vorlesung wurden Ihnen formale Anforderungen an einen Algorithmus vorgestellt. In kurz sind diese:
- Ein Algorithmus muss für jede Eingabe eine Ausgabe besitzen
- Ein Algorithmus muss aus einer endlichen Folge sog. elementaren Operatoren beschrieben werden können
- Ein Algorithmus darf nur endlich viel Speicherplatz für Zwischenergebnisse verbauchen
- Ein Algorithmus sollte terminieren
- Aus dem Zustand eines Algorithmus sollte sein nächster Zustand eindeutig definiert sein
- Ein Algorithmus sollte eine Problemgruppe lösen und nicht nur ein Einzelproblem
- Ein Algorithmus sollte leicht anpassbar sein
- Ein Algorithmus sollte effizient sein
- Ein Algorithmus sollte auf jeden möglichen Fehler vorbereitet sein
In der Vorlesung wurden Ihnen diese Punkte folgendermaßen präsentiert. Da diese Anforderungen sehr auf Basis wissenschaftlicher Aussagen basieren, werden hier diese Aussagen detailierter beschrieben.
A1: Relation
Ein Algorithmus beschreibt eine Relation über dem Kreuzprodukt einer Eingabe- und einer Ausgabemenge. Dadurch werden für jede Eingabe die zulässigen Ausgaben festgelegt.
Umgangssprachlich lässt sich "Relation" als "Zusammenhang" interpretieren. In der Mathematik ist der Begriff der Relation definiert als eine Menge von Tupeln (x,y). Eine Relation ist z.B. die Menge aller (x,y) für die gilt, dass x = y ist (Gleichheit). Für unseren Zusammenhang ist ein Tupel ebenso die Werte (x, f(x)) für eine Funktion x, gesprochen: "f(x) ist das Ergebnis von x unter Ausführung von f", z.B. (1,2) für "2 ist das Ergebnis von 1 unter Ausführung der Operation +1".
Das Kreuzprodukt zweier Mengen ist die Kombination aller Elemente der einen Menge zu allen Elementen der anderen Menge zu einer Menge von Tupeln.
Die obrige Aussage möchte also nichts weiter sagen, als dass ein Algorithmus mathematisch eine totale Funktion aus der Menge der Eingaben in die Menge der Ausgaben beschreibt.
Noch einfacher: Ein Algorithmus berechnet zu jeder Eingabe ein Ergebnis, welches er ausgibt. Wichtig hierbei ist: Nur weil ein Algorithmus eine Ausgabe hat, muss der Nutzer eines Programmes diese Ausgabe nicht unbedingt sehen! Die gebräuchliche Literatur benutzt die Begriffe "Ergebnis der Berechnung eines Algorithmus" und "Ausgabe eines Algorithmus" synonym.
A2: Elementaroperationen
Ein Algorithmus setzt sich aus wohldefinierten Elementaroperationen zusammen, die auf einer geeigneten Maschine ausführbar sind.
Jeder Algorithmus muss formalisiert und niedergeschrieben werden können. An welcher Stelle man sagen kann, dass weitere Beschreibung nicht mehr von nöten ist, definieren die Elementaroperationen eines Algorithmus, aus welchem ein jeder Algorithmus zusammengesetzt werden kann. Wie diese Elementaroperationen aussehen, ist von Maschine zu Maschine und von Programmiersprache zu Programmiersprache unterschiedlich, jedoch sollte am Ende eine Maschine die Befehle eines Algorithmus verstehen und ausführen können. Da direkte Befehle an eine Maschine für einen Menschen ab einer gewissen Komplexität nicht mehr nachzuvollziehen sind, existieren höhere Programmiersprachen, welche dann von einem anderen Programm entweder interpretiert oder compiliert werden, um von einer Maschine ausgeführt werden zu können.
A3: Abfolge
Ein Algorithmus legt die Abfolge der Schritte fest, wobei jeder Schritt genau eine Elementaroperation umfasst.
Ein Algorithmus wird schrittweise ausgeführt, wobei in jedem Schritt die ausführende Maschine genau eine Elementaroperation ausführt. Dieses Verhalten wird in vielen Programmiersprachen durch die Notation eines Algorithmus durch Anweisungsfolgen repräsentiert. Dies ist allerdings nicht immer der Fall, so z.B. in funktionalen Programmiersprachen.
A4: Beschreibung endlicher Länge
Ein Algorithmus ist eine Beschreibung endlicher Länge.
Ein Algorithmus muss niedergeschrieben werden können und seine Beschreibung muss in einer endlichen Anzahl an Anweisungen formulierbar sein. So betrachten wir eine unendliche Folge von Anweisungen nicht als einen Algorithmus.
A5: Speicherplatz
Ein Algorithmus benutzt nur endlich viele Speicherplätze zur Ablage von Zwischenergebnissen.
Jeder reale Computer besitzt nur endlich viel Speicherplatz, weswegen ein Algorithmus, der unendlich viel Speicherplatz beläge, nicht umsetzbar wäre. Auch in der theoretischen Informatik beschäftigt man sich hauptsächlich nur mit Maschinenmodellen, die unter umständen beliebig viel, aber endlich viel Speicherplatz für ihre Berechnungen benötigen.
A6: Terminierung
Für jede (!) Eingabe endet die Ausführung des Algorithmus nach endlich vielen Schritten (Terminierung).
Jedes Programm muss nach endlichen vielen Schritten terminieren, d.h. der Algorithmus muss ein Ergebnis liefern. Würde ein Programm nicht terminieren so läge nie ein Ergebnis vor und die theoretische ausführende Maschine würde niemals anhalten. In der theoretischen Informatik beschäftigt man sich z.B. mit der Frage, ob es automatisch erkennbar ist, ob ein Programm terminieren kann, oder nicht (Spoilers: Kann man nicht!). Letztenendes muss ein Programm irgendwann beendet werden, spätestens, wenn man der Maschine den Strom abdreht. Ein Beispiel für ein nicht terminierendes Programm, welches von außen abgebrochen werden muss, ist eine Endlosschleife.
A7: Begrenzte Schrittanzahl
Für jede (!) Eingabe wird die zugehörige Ausgabe spätestens nach Ausführung einer vorgegebenen Schrittanzahl n geliefert. Wenn ein Rechensystem für jeden Schritt höchstens die Zeit s benötigt, dann wird die Ausgabe spätestens nach Verstreichen der begrenzten Antwortzeit t = s * n geliefert (Begrenzte Schrittanzahl).
Diese zusätzliche Anforderung beschreibt die Tatsache, dass ein Algorithmus möglichst effizient ein Ergebnis liefern soll. Tut er dies nach einer gewissen Zeit nicht, so muss er abgebrochen werden und das Ergebnis als "nicht definiert" deklariert werden.
A8: Determiniertheit
Die Eingabe-Ausgabe-Relation (siehe A1) ist rechtseindeutig. Dies bedeutet, dass jeder Eingabe genau eine Ausgabe zugeordnet wird (Determiniertheit).
In der Praxis greift natürlich ein Benutzer in den Ablauf eines Programmes ein, aber ist dem nicht der Fall, so muss ein Algorithmus für jede Eingabe eine eindeutige Ausgabe haben. Damit diese Eigenschaft gewahrt ist, wird z.B. der (zu Beginn nicht bekannte) Eingriff eines Benutzers mit zur Einagbe des Programmes um die Wohldefiniertheit dieser Anforderung zu wahren.
A9: Determinismus
In jedem Zustand, der bei Ausführung des Algorithmus erreicht wird, ist jeweils nur ein einziger Folgeschritt als nächster ausführbar (Determinismus).
Jedes Programm in Ausführung lässt sich durch einen Zustand repräsentieren (Werte von Variablen, Codezeile in Ausführung, uvm.). In Abhängigkeit dieses Zustandes muss ein Algorithmus einen eindeutig definierten Folgezustand nach Ausführung einer Elementaroperation beistzen.
A10: Allgemeinheit
Ein Algorithmus löst nicht nur ein einziges Problem, sondern eine Klasse von Problemen (Allgemeinheit).
Ein Algorithmus sollte ein Problem lösen und in Abhängikeit zu seiner Eingabe das Problem lösen. Ein Algorithmus, welcher z.B. zu jeder Eingabe die Ausgabe "1" besitzt, kann auch direkt durch den Ausdruck "1" ersetzt werden und hat keinen Mehrwert durch seine Existenz.
A11: Änderbarkeit
Ein Algorithmus soll sich leicht modifizieren lassen, um ihn an eine veränderte Aufgabenstellung anzupassen (Änderbarkeit).
A12: Effiezenz
Für eine gegebene Eingabe soll die Anzahl der benötigten Schritte möglichst gering sein (Effizienz).
Durch die Vermiedung unnötiger Schritte wird der Algorithmus kürzer und meist übersichtlicher. Zudem wird in der Informatik versucht, Probleme möglichst mit geringer Laufzeit, also schnell, und möglichst geringem Speicherplatzverbrauch zu lösen.
A13: Robustheit
Der Algorithmus soll sich möglichst auch dann wohldefiniert verhalten, wenn eine unzulässige Eingabe (die nicht Element der Eingabemenge ist) vorliegt oder eine sonstige unvorhergesehene Situation auftritt (Robustheit).
Sollte die Funktion, die ein Algorithmus berechnet, nicht total sein, so sollte ein Algorithmus im Falle einer Eingabe, zu der seine intendierte Funktion kein Ergebnis liefern kann (z.B. Division durch Null), dennoch eine vorhersehbare Funktionalität liefern (z.B. die Ausgabe einer Fehlermeldung und anschließender Abbruch der gesamten Ausführung des Programmes).
Verständlichkeit eines Algorithmus
Ein wichtiges Merkmal für einen Algorithmus ist die Möglichkeit für einen menschlichen Leser den Algorithmus lesen und verstehen zu können, obwohl er nicht in umgangssprachlicher Form vorliegt.
Als Beispiel sei folgender Algorithmus gegeben, der zwei Zahlen miteinander multipliziert:
Eingabe: Zwei ganze Zahlen a und b Ausgabe: Produkt aus a und b Vorgehensweise: Reserviere Speicher für das Ergebnis und initialisiere das Ergebnis mit 0 Addiere a mal b auf das Ergebnis Gebe das Ergebnis zurück
Beispiel für eine unverständliche Formulierung des Algorithmus':
public static int berechnen2(int c, int d){int erg=0;for(int i=0;i<c;i++){erg+=d;}return erg;}
Das gleiche Beispiel, lesbarer und mit Syntaxhighlighting hervorgehoben:
public static int berechnen(int a, int b) { int erg = 0; for(int i = 0; i<a ; i++) { erg += b; } }
Beide Programme führen das gleiche aus. Beide berechnen das Produkt von a und b bzw. c und d, ohne zu mutipliezieren. Sie addieren b bzw. d a- bzw c-mal auf eine Ergebnisvariablen auf, Genaueres s. Schleifen. Diese Variable wird zum Schluss ausgegeben.
Vom Algorithmus zum Programm
Programm/Programmieren
Die Formulierung eines Algorithmus heißt Programm. Das Entwerfen eines Programms programmieren.
Programmpardigmen
Ein Programmparadigma ist ein Konzept zum Programmieren.